Stream a little dream of me. Warum die Digitalisierung der Musik der Schallplatte nichts anhaben kann

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6:00 Uhr, der Wecker klingelt. Ich stehe auf, schlurfe rüber ins Kinderzimmer und wecke K1 mit einem geflüsterten „Guten Morgen. Aufstehen. Langsam wach werden Kleine.“ „Will meine Playlist hören, Papa.“ flüstert unsere 8-Jährige mit geschlossenen Augen. Nichts leichter als das. Wofür gibt es schließlich Streaming Apps? Und ist der gewünschte Song nicht dabei wird er einfach hinzugefügt. Wir haben ja Zugriff auf (fast) alle Songs der Welt. Überall, jederzeit und immer. Ein Leben im musikalischen Schlaraffenland. Doch schätzen kann man das nur, wenn man es auch anders kennt. Zeit für einen Blick zurück.

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1986. Der Ton macht macht die Musik

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Ich lebe mit meinen Eltern und zwei Geschwistern in Warnemünde. Der eiserne Vorhang steht noch und eine Ende der DDR ist noch nicht in Sicht. Ich werde eingeschult und erlebe Auftritte der Band meines Vaters, der mit seinen 2 Brüdern live christlichen Rock-Pop kredenzt. Bei uns zuhause existiert ein Tonbandgerät, mit dem meine Eltern Anfang der 80er auch mein erstes Gebrabbel aufzeichnen. Ich erinnere mich dunkel an Tonbänder, die mühevoll am Gerät „angebracht“ werden müssen. Es ist ein wenig abenteuerlich.


1989. Vinyl, Vinyl, Vinyl

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Meine Eltern besitzen einen Plattenspieler, der im Wohnzimmer steht. Wir legen öfters mal eine Kinderschallplatte auf, sitzen auf dem Fußboden und lassen unserer Fantasie freien Lauf. Außerdem gibt´s da diese knallblaue Platte, die mich extrem fasziniert. Es ist das blaue Album von Udo Jürgens. Songs wie „Die verbotene Stadt“ laufen bei mir auf Heavy Rotation. Ostrock-Platten meiner Eltern bleiben allerdings weitgehend unberührt. Dann lieber mal Jazz. Aber wehe die Nadel kratzt über das Vinyl.


1991. Generation Tapedeck

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Die Kassette ist mit einmal da. Ich laufe nach der Schule in die Kinderbibliothek, leihe mir Tapes, überspiele sie und baue mir eine kleine Sammlung auf. Außerdem nehme ich Songs aus dem Radio auf, freue mich über seltene Hits und fluche, wenn der Radiosprecher in meine Aufnahme reinplatzt. Die NDR2-Hitparade avanciert zum Hit-Lieferant meiner ersten Mixtapes, die natürlich nicht gemixt, dafür aber liebevoll zusammengestellt sind. Irgendwann kommt der Sony Walkman und erfüllt uns den großen Traum vom „mobilen Musik hören.“ Wenn nur der Bandsalat nicht wäre. Aber dafür gibt es ja einen Stift.


1994. Statussymbol CD-Player

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Auf einer Klassenfahrt packt irgendjemand eine CD aus. Wow. Sieht nicht nur cooler aus, sondern klingt auch noch viel besser als meine verrauschten Tapes. Im Media Markt kaufe ich mir meine erste Compact Disc. „La la la hey hey“ von den Outhere Brothers ist allerdings längst nicht so ein Ohrwurm wie der Vorgänger „Boom Boom Boom“. Die Industrie klatscht in die Hände, denn wir kaufen jetzt noch einmal alle Lieblingsalben, die wir schon auf Kassette haben, als CD. Neben den richtigen Alben gibt es Maxi-CDs mit 2 oder 3 Songs drauf. Wir kaufen uns Maxi-CDs und freestylen auf die Instrumentals. Praktischerweise muss man jetzt nicht mehr zurückspulen, sondern kann einfach auf „Repeat“ stellen.

Irgendwann bekomme ich einen portablen CD-Player geschenkt, der allerdings noch kein Anti-Schock System hat. Ich sitze also im Schulbus morgens und halte das Ding verkrampft mit 2 Händen fest, in der Hoffnung, dass die CD nicht springt. Vergebens. Erste Wichtigtuer geben mit ihrem brandneuen CD-Wechsler im Auto an. Wir sind schwer beeindruckt, finden aber so nie die CD, die wir hören wollen. Was für eine Ironie.


1998. Die Mini Disc kommt – und verschwindet gleich wieder

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Wir rappen mit unserer ersten kleinen Crew auf Beats von CD und nehmen alles auf Tapes auf. Mein Kumpel produziert Beats und kommt mit einem Mini Disc-Player um die Ecke. Der stellt sich wiederum als nette Alternative zum Recorden heraus. Da sich aber niemand sonst Mini Discs kauft verschwindet das Thema bald wieder von der Bildfläche.


1999. MP3s übernehmen mal eben

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Ich ziehe nach Abi und Zivildienst in meine erste WG in der Rostocker KTV mit 2 Kumpels. Wir haben ein ISDN Modem und teilen uns einen XXL-Wochenend-Tarif. Bedeutet in der Praxis, dass der Tag gedreiteilt wird und ich ab und zu die Frühschicht von 0-8 Uhr übernehme – um Mp3s zu saugen. Napster und Audiogalaxy spielen eine Rolle. Abgespielt werden die Dateien gern im Shuffle-Modus im allseits beliebten Winamp-Player. Dieser hat irgendwann sogar verschiedene Farben am Start und kann Songs visualisieren. Wir sind „geflasht“.


2004. MySpace

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Da gibt es diesen Tom und der bringt mit MySpace mit einmal das erste große Social Network für Musiker raus. Wir wollen natürlich alle sofort dabei sein, legen uns Profile an und laden Songs hoch, die man sich online im Browser anhören kann. Im Stundentakt checken wir die Statistiken und freuen uns, wenn dass jemand unsere Songs hört. Und mein Profil gibt es sogar noch: www.myspace.com/gabreality


2018. Stream a little dream of me

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Wir springen ins heutige Jahr. Musik wird gestreamt. Wir haben Zugriff auf Millionen Songs und können im Grunde bis zum Ende unseres Lebens nur noch Songs hören. Playlists sind die neuen Alben. Diese stellen wir uns zusammen – wie damals unsere Mixtapes. Je nach Musikrichtung oder Stimmung. Es ist die Plattensammlung, die wir uns immer gewünscht haben.

Ich liebe diese Form des Musik Konsumierens und habe bereits alle wichtigen Streaming Anbieter getestet. Nach Spotify, Apple-, Google- und Amazon Music bin ich bei Deezer hängengeblieben und aktuell sehr zufrieden.

Deezer

Das liegt auch daran, dass Deezer mit 53 Millionen Songs (!) das mit Abstand größte Angebot hat. Da findet man sogar noch alte Gassenhauer wie „Die verbotene Stadt“. Oder Kinderlieder noch und nöcher.

Töchterchen hat sich natürlich auch längst eine eigene Playlist angelegt. Wer Bock hat, den heißen Scheiss aus der verrückten Welt einer 8-Jährigen zu hören sollte die Playlist mal abchecken.

Hier geht´s zur Playlist von K1.

Deezer Daddymodus

Deezer kann man übrigens auch sehr gut als Family nutzen mit dem Familienaccount. So hat jeder sein eigenes Profil und man kommt sich nicht in die Quere. Außerdem sehr nice sind die Hörbücher. Mein unangefochtenes Lieblingshörbuch „Panikherz“ von Benjamin Stuckrad-Barre habe ich erst letztes Jahr im Urlaub über die App gehört. Und die Podcasts. Aber dazu werde ich demnächst nochmal gesondert was bloggen.

Weitere Infos gibt`s auf der Webseite www.deezer.com/de.


Fazit: Es muss mehr Musik gehört werden

Wir sind alle extrem schnell verführt von Facebook, Instagram und YouTube, schauen Videos und skippen uns so durch die Timelines. Doch wenn wir uns nicht Zeit nehmen und Musik in aller Ruhe hören verpassen wir nicht nur gute Musik, sondern auch die Chance zu entspannen. Der therapeutische Effekt ist ja wissenschaftlich nachgewiesen. Und gerade wenn man Kids hat ist ein bißchen Erholung hier und da gar nicht schlecht. Für uns und für die Kids.

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Ich lege ja auch öfter nochmal Vinyl auf. Meine Frau und ich haben die Angewohnheit, in fremden Städten Paltten als Mitbringsel zu shoppen und diese dann bei uns im Wohnzimmer aufzulegen. Denn Musik friert Moment ein – besser als jedes Foto. Und dann sind unsere Kids dabei, sitzen auf dem Boden und hören zu. So wie wir in den 80er Jahren.

Es hat sich technisch natürlich extrem viel getan seit dem. Mir ist jedenfalls wichtig, unseren Kindern den Wert von Musik zu vermitteln. Idealerweise machen sie auch noch selbst Musik. Aber hören reicht ja schon mal für den Anfang. Zum Beispiel morgens, wenn der Tag beginnt.


Wie ist das bei euch? Welche Rolle spielt Musik bei euch in der Erziehung eurer Kids? Schreibt`s mir in die Kommentare. Bin gespannt.

2 Antworten zu „Stream a little dream of me. Warum die Digitalisierung der Musik der Schallplatte nichts anhaben kann”.

  1. […] es tun können. So durfte ich in der Vergangenheit zum Beispiel schon Kinderbücher bewerten, Streaming-Dienste kennenlernen und skandinavische Schlitten Probe fahren. Am letzten Wochenende sollte dann auch noch eine […]

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  2. […] So sehr ich mir auch Mühe gebe, mein Leben durch die Digitalisierung zu vereinfachen, also auf Papier zu verzichten, Dinge eher zu teilen als zu besitzen und mein Leben am Smartphone zu organiseren, um so mehr verstehe ich auf der anderen Seite, wie wichtig analoge Dinge sein können. Haptische Dinge erleben heutztage fast eine Rennaissance. Man denke nur an Vinyl. Ich hatte hier im Blog ja schon mal darüber geschrieben, dass auch ich Vinyl MP3s vorziehe. […]

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