Back to the Office? Warum wir das Büro neu erfinden müssen.

Das Office ist tot. Es lebe das Office. Viel ist in den letzten Monaten geschrieben worden über das gute, alte Büro, die Kulturstätte der Wissensarbeiter, zu der Geschäftsführer und Praktikanten allmorgendlich pilgerten wie die Lemminge. Hier versammelten wir uns an der Kaffeemaschine mit den Kollegen, lästerten und flirteten, lachten und weinten. Manchmal gleichzeitig. 

Führungskräfte schwebten durch die Flure, grüßten von oben herab und zelebrierten ihr “Management by walking around”, auch wenn Kontrolle immer eine Illusion war. Wenigstens hatte man alle Hühner im Stall, konnte nach Herzenslust anweisen und Störenfriede umsetzen wie in der Schule. Die Welt war geregelt, der Ameisenhaufen organisiert und die Hierarchie manifestiert.

Den Büros lag die Welt zu Füßen. Von hier aus wurden Konzerne geführt, Mitarbeiter:innen gekündigt und Kampagnen gestrickt wie in den verqualmten Offices von Don Draper in der Madison Avenue. Erfolgreich war, wer im Büro zu sehen war und möglichst lange blieb. Statussymbol Überstunde. Um in die Manege des Business Theaters zu gelangen nahmen viele von uns ausufernde Fahrtwege auf sich, setzten Ehen aufs Spiel und sich selbst ins Auto. Die Umwelt applaudierte. 

Bis eines Tages diese gigantische Bremse in die Welt gehauen wurde. Corona änderte alles. Über Nacht wurden Millionen Heimarbeitsplätze aus dem Boden gestampft, VPN Tunnel eingerichtet und gut gemeinte “Wir-schaffen-das-Botschaften” an die Belegschaft versendet. Die da oben befahlen und der Rest machte das Beste draus. Wir bauten das neue Büro in Jogginghosen am Küchentisch, mit dem Kind auf dem Arm und dem Chef auf den Ohren. 

Als die Regierung im Juli 2021 die Home Office-Pflicht aufhob, waren viele Arbeitnehmer:innen längst im neuen Normal angekommen. Die große Frage stand im Raum: Wie und wo wollen wir in Zukunft zusammenarbeiten? Heute haben Unternehmen eine historische Chance, ihre Unternehmenskultur positiv zu gestalten, wenn sie das Büro als Kreativ- und Begegnungszentrum neu interpretieren. So stellte die Cloudcompany Dropbox kürzlich mit Dropbox Studios ein neues Office Konzept vor, das deutlich mehr Platz für persönliche Begegnungen vorsieht, um zufällige soziale Begegnungen, die für neue Ideen essentiell sind, gezielt zu fördern.

Beim Retailer OTTO setzt man jüngst auf ein aktivitätsbasiertes, hybrides Arbeitsmodell, bei dem Mitarbeitende künftig mobil oder im Büro arbeiten können, je nachdem, welcher Ort besser zur individuellen Arbeitssituation passt und welche Infrastruktur benötigt wird. Auch bei dem Rostocker Startup der moin! App entscheiden die Teams selbstständig, wo und wie sie arbeiten. In den Büros sorgt ein modernes Flex Desk System für die nötige Flexibilität, die man sonst nur von Coworking Spaces kennt. Gleichzeitig nutzt man die Lounge des trendigen Containerhostels DOCK INN, um zu klönen, zu feedbacken und zu brainstormen. 

Am Ende werden nicht die Unternehmen erfolgreich sein, die die modernste Technologie in den Büros verbauen, sondern die die beste Umgebung schaffen, damit Mitarbeitende ihre Arbeit flexibler und selbstbestimmter organisieren können. Und damit sie einen Grund haben, ihr Zuhause zu verlassen, denn das muss heute schon ein wirklich guter Grund sein.


Disclaimer: Dieser Artikel erschien bereits im Print-Magazin OFFICE ROXX (04/21).


Wie seht ihr das? Wie sollten wir Büro zukünftig denken?

Gabriel Rath

Ich bin Gabriel, Rostocker Jung`, verheirateter Vater von 3 kleinen Töchtern und kreativer Kopf mit einer Vorliebe für Digitale Kommunikation und New Work. Seit 2018 mache ich den Podcast "New Work Chat". Hier im Blog schreibe ich über mein Leben zwischen Kinderzimmer und Digital Workplace.

2 Antworten auf „Back to the Office? Warum wir das Büro neu erfinden müssen.

  1. Mein Glaube das es ein zurück oder „wie damals 2019“ nicht mehr geben wird, es sind zu viele Vorteile jedem persönlich bewusst geworden. Die Möglichkeiten und die elegantere Vereinbarkeit mit Familie, Freizeit und Co.
    Es wird sich jetzt zeigen, wie die „Arbeit zur Verfügungsteller“ diese Zeichen erkennen und sich auch die „Nutzer“ dann nicht wieder einsperren lassen.
    Anderseits kann man auch kritisch auf das Thema schauen, wenn man nämlich die Gruppe betrachtet, welche nicht die Möglichkeiten haben und sich die Kluft zwischen weißen & blauen Workern noch mehr vergrößert.
    Was bedeutet das für den Nachwuchs und den Fachkräftemangel, wenn es die coolen Wissensarbeiter gibt die in Coworkspace, Kaffee, am Strand oder im Jogginganzug arbeiten können — Aber es noch Arbeitnehmer am Band, in der Werkstatt etc. braucht?

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