Viel ist über den „Familienurlaub“ geschrieben worden. Über die Reise ins Ungewisse, den naiven Versuch, mit den eigenen Kindern in einer fremden Umgebung zu entspannen. Die Idee, gemeinsam „Neues“ zu entdecken, obwohl wir eigentlich alle wissen, dass Kinder das „Altbekannte“ brauchen, um halbwegs rund zu laufen. Aber hey, auch das Animationspersonal braucht irgendwann mal einen Tapetenwechsel. Raus aus der grauen Routine, rein in das bunte Chaos. Kopfüber in den geliebten Familienurlaub.
Anfänglich dachten meine Frau und ich ja noch, wir könnten uns im Familienurlaub erholen. Den inneren Akku wieder aufladen. Den Alltag vergessen und so. Heute denken wir daran zurück und können nicht aufhören zu lachen. Erholen? Mit Kindern? Wie konnten wir nur so blauäugig sein? Mittlerweile sind wir ein bisschen klüger, haben in den letzten Jahren unsere Erfahrungen gesammelt.
Unsere ersten Urlaubsversuche
Vor gut 3 Jahren wagten wir das erste Mal einen längeren Familytrip nach Schleswig Holstein. Wir besuchten Flensburg, sagten Hallo zum Schloss in Glücksburg und aßen Hotdogs auf der dänischen Nordseeinsel Rømø, auf der man mit dem Auto am Strand bis ans Wasser fahren kann. Wir wohnten bei Verwandten meiner Frau und waren relativ busy damit, die Mädels (4- und 1-jährig) zu belustigen („Komm Papi, wir spielen nochmal mit unseren Barbies!“) und zu beaufsichtigen („Fass das nicht an! Das geht kaputt!“)
Ein Jahr später ging’s auf die Mecklenburger Seenplatte nach Mirow (Blog dazu) zum Biberferienhof, wo man in Holzhütten am See wohnen und Kanu fahren kann bis der Arzt kommt. War auch sehr schön. Man kam sich vor, als wäre man in Schweden. Tiere gab es übrigens auch viele. Fast zu viele, denn die Mücken killten uns. „Papa warum hat Gott denn die Mücken erschaffen? Damit die uns stechen?“
Da uns die kurze Reisezeit und das Seenpanorama so gut gefiel fuhren wir letztes Jahr erneut auf die Seenplatte, dieses Mal nach Plau am See (Blog dazu). Unsere Ferienanlage bot einen Hasenstreichelzoo, ein paar Ziegen, und die beiden Alpakas Horst und Schneemann. Dazu gab es einen kleinen Pool und einen Blick auf den See.
Die Kinder waren begeistert. Die Kombination Tiere und Wasser funktionierte. Auch für uns. Nur gab es hier von dem Wasser zu viel. Es regnete leider öfter, so dass wir uns für 2017 eine Schönwetterregion vornehmen wollten.
K1 war letztes Jahr eingeschult worden, also mussten wir uns jetzt in 2017 erstmals kalendertechnisch etwas anpassen. Wir entschieden uns für die Osterferien und stiegen das erste Mal gemeinsam in ein Flugzeug. Eine Woche verbrachten wir in einem familienfreundlichen Hotel in Colonia Sant Jordi, Mallorca (Blog dazu). Weit weg vom Ballermann, aber nah am Wasser.
Es gab zwar keine Tiere, doch dafür schien die Sonne. Alles in allem ein schöner Familienurlaub, wenn auch für meine Frau und mich mit einer großen Challenge verbunden. Allabendlich mussten wir mit den anderen Eltern die Kinderdisco ertragen, die unsere Töchter euphorisch durchtanzten wie Technojünger im Frankfurter Cocoonclub in den 90ern.
Familienurlaub in Dänemark 2017. Auf den Pfaden der Olsenbande
Mit diesen ersten Urlaubserfahrungen im Gepäck ging es nun Ende August nochmals mit den Lütten auf Tour. Nach Dänemark, ins Land der endlosen Sandstrände, in dem man angeblich nirgends mehr als 50 km vom Meer entfernt ist. Meine Schwiegereltern hatten uns eingeladen, mit ihnen gemeinsam eine Woche Urlaub in Nordjütland zu machen. Urlaub mit Kindern UND Großeltern – würden wir damit in ein ganz neues Level des „Familienurlaubs“ springen? „Ihr könnt dann doch auch mal allein was machen. Und wir unternehmen was mit den Kindern.“ Das klang verlockend.
Außerdem würden wir ja direkt bei uns in Rostock mit der Fähre starten können und wären quasi rucki zucki da. Dachte ich. Nur ahnte ich da noch nicht, dass unsere Ferienhäuser am äußersten Ende Dänemarks liegen würden. An der Nordseeküste, 3,5 h nördlich von Flensburg. Das ist ziemlich genau gegenüber der norwegischen Küste. Vor meinem geistigen Auge konnte ich bereits sehen wie die Kinder auf der Rückbank des Autos durchdrehen. „Wie lange denn noch Papa? Ist das langweilig? Wann sind wir endlich da? Ich will auch mal dein Handy haben zum Spielen? Ich will jetzt nach Hause!“ etc etc. Kinder und lange Autofahrten. Ein Albtraum für alle Beteiligten.
Kurz vor der Abfahrt machte mich meine Frau auf einen seltsamen Protest der kleinen Menschen aufmerksam. „Wir wollen nicht bei euch mitfahren, Papa!“ „Aha. Warum?“ „Wir wollen bei Oma und Opa mitfahren!“ Na gut, wenn es unbedingt sein muss. Dann genießen Mama und Papa eben zur Abwechslung mal eine ruhige Autofahrt. Und müssen nicht zum 55. Mal die neue „Bibi und Tina-CD“ hören, auf der irgendwelche Tennie-Spasten ernsthaft versuchen zu rappen. Und das Schlimme ist: K1 und K2 lieben es und wollen es dauernd hören.
Der Kofferraum war jedenfalls bis oben hin in bester Tetris-Manier zugepackt. Ich selbst hatte lediglich ein paar Klamotten, unseren Chromecast-Stick, ein Magazin zum lesen und meine Badehose eingesteckt. Und einen guten Tropfen Gin, da auch zu mir die Horrorstorys der hochpreisigen Spirituosen längst vorgedrungen waren. Meine Frau dagegen hatte „den Rest“ eingepackt.
Bei strömendem Regen kamen wir dann am späten Nachmittag an der Nordseeküste an, navigiert von der Robo-Stimme aus Google Maps, in unserer Familie liebevoll „Susi“ genannt, die uns zwei Mal in die Irre schickte, weil ihr „angeblich‘ der GPS-Empfang flöten ging. Auf Schietwetter waren wir natürlich auch vorbereitet. Muddern hatte quasi für alle Jahreszeiten eingepackt. „Man weiß ja nie.“
Entschädigt von einem ziemlich coolen Regenbogen und einen atemberaubenden Blick aufs Meer bezogen wir unser Ferienhaus in Vigso.
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Meine Frau suchte erst einmal die Badesachen raus und räumte den Schrank ein. Ich kümmerte mich um Wichtigeres: das Einrichten des WLANs an unseren Phones. Außerdem schloss ich fachmännisch unseren Chromecast-Stick am Fernseher an und wollte den Kids ’ne Folge Kinderkram bei Netflix anmachen. Unglücklicherweise kann man selbst als deutscher Kunden nur Filme auf dänisch abrufen. Das kam bei den Kindern jetzt nicht so gut an. „So doch nicht Papa!“
Am nächsten Tag ging es erstmal an den berühmten Olsenbande-Strand. Hier war Anfang der 1970er Jahre der dritte Film der dänischen Kultfilmreihe Olsenbande gedreht worden. Vor der beeindruckenden Kulisse der alten Wehrmachtbunker am Strand bei Vigso, unserem Ferienort, waren Egon, Benny und Kjeld auf der Suche nach einem großen Nazischatz.
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Die mehreren tausend Bunker ließ Hitler im 2. Weltkrieg als Teil des Atlantikwalls errichten, um die Alliierten abzuwehren. Im benachbarten Örtchen Hanstholm besuchten wir dann am nächsten Tag das wirklich sehenswerte Bunkermuseum. Fand ich jedenfalls.
Die Kinder flashten dann wieder mehr auf die Schwimmhalle, die zu unserer Ferienanlage gehörte. „Komm Papa, wir gehen zur Wasserrutsche!“ „Aber da waren wir doch gerade.“ „Genau! Los komm!“ Außerdem konnten unsere Mädels den hauseigenen, dänischen Ziegen morgens das Frühstück servieren. Da hatten wir sie wieder – die beiden wichtigsten Zutaten für den Familienurlaub: Wasser und Tiere.
So entschleunigten wir eine Woche lang da oben in Nordjylland, das uns ein bißchen vorkam wie der kleine Bruder von MeckPomm.
Schön ruhig.
Schön flach.
Schön, es mal gesehen zu haben.
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Wenn wir abends in unserem hellen und offenen Wohnzimmer saßen und durch das große Panoramafenster auf die Nordsee blickten, während der Wind wehte, konnte man sich gut in den Polanski-Film „Ghostwriter“ versetzen. Und den Alltag für den Moment vergessen. Hier gab es zwar Wifi und einen Fernseher. Ansonsten konnte man hier getrost runterfahren und einfach mal nichts tun. Wenn man es schaffte.
Die Kinder dachten jedenfalls trotz all der frischen Luft gar nicht daran, abends müde zu werden. Oft wurde 21 Uhr und später. Morgens waren die Damen dann – natürlich – wieder früh wach.
In den folgenden Tagen hatten wir Gott sei Dank viel Sonne. Wir badeten in der Nordsee, aßen dänische Fischfrikadellen in Thysted und besuchten den sehenswerten, kleinen Streichelzoo in Hjortdal.
Außerdem schlenderten meine Frau Diana und ich durch die nette Altstadt von Aalborg. Ohne Kinder. In aller Ruhe. Sowas gibt`s ja sonst eigentlich gar nicht im Familienurlaub. War also mal eine willkommene Abwechslung und nur möglich, weil meine Schwiegereltern so nett waren, sich an diesem Tag um die Kids zu kümmern.
Auf der Rückreise machten wir noch einen Zwischenstop in Billund, nachdem sich die Kinder leidenschaftlich für einen Besuch im Legoland stark gemacht hatten.
Ich selbst war früher leidenschaftlicher Freizeitparkfan gewesen. Mit meinen Eltern und meinen beiden Geschwistern fuhren wir mindestens einmal im Jahr in den Hansapark. Achterbahn, Schiffsschaukel, Wildwasserbahn. Das volle Programm. Aus Sicht eines Vaters erlebt sich sowas allerdings etwas anders.
„Papa, ich will da rein!
Ich hab Hunger! Durst! Pullern!“
Alles gleichzeitig.
In der Nähe von Legoland schliefen wir dann für eine Nacht. Am nächsten Morgen ging es wieder zurück nach Hause. Eine schöne Woche an der Nordsee war es gewesen. Die Kinder wurden mal von uns, mal von meinen Schwiegereltern bespaßt. Konnte man mal gut so machen.
Wie überlebt man nun einen Familienurlaub?
1 Immer realistisch bleiben.
Erstmal kommt es auf die eigene Erwartungshaltung an. Eigentlich ist ja schon das Wort ‚Familienurlaub‘ falsch. Es ist ein Kinderurlaub. Nur fährt man halt mit. Man ist quasi Reiseleiter, Animateur, Caterer, Logistiker und Übersetzer in einem. Ist auch gar nicht schlimm. Nur eben kein Beine hoch-Urlaub. Daher muss man die wenigen Stunden „Ruhe“ auch gut nutzen. Mit einem guten Glas Gin Tonic zum Beispiel, einem kleinen Ausflug ohne Kids oder einem kleinen Nap in der Sonne.
2 Einfach mal die Uhr vergessen.
Es ist doch auch einfach schön, einfach mal in Ruhe mit den Kindern zu spielen – ohne auf die Uhr gucken zu müssen. Ziegen füttern, eine Kleckerburg bauen, Fußball spielen. Ohne große Pläne ganz entspannt in den Tag reinleben und mal das tun, worauf die Kinder Bock haben. Und wenn es regnet? Was soll`s? Einfach drin gemütlich machen. Hyggelig – wie die Dänen sagen würden.
3 Wasser ist gut. Wasser und Tiere sind noch besser.
Es ist deutlich von Vorteil, wenn man sich für Wasser und Tiere begeistern kann – denn Kids lieben das. Am besten beides in der Nähe haben. Dann geht es eigentlich. Dazu ist es natürlich gut, wenn es irgendwelche Spielplätze vor Ort gibt. Würde ich immer vorher googlen.
4 Das Glück liegt nicht am anderen Ende der Welt.
Kinder hassen lange Autofahrten. Ich würde daher immer versuchen An- und Abreise möglichst kurz zu halten und auch mal eine Region in der Nähe kennen zu lernen. In Deutschland ist das natürlich mit dem Wetter so eine Sache. Aber Hand aufs Herz – 30 Grad im Schatten jeden Urlaubstag wünschen wir uns vielleicht. Unsere Kinder nicht.
Außerdem würde ich nicht länger als eine Woche verreisen, um den Stress zu begrenzen. Dann lieber noch anschließend ein paar Tage zu Hause chillen und einen Ausflug machen. Einfach alles ruhiger angehen. Es sich gemütlich machen. Hyggelig – wie die Dänen sagen. Dann macht Familienurlaub sogar richtig Spaß. Klingt komisch, ist aber so.
Wie lief euer letzter Familienurlaub und was könnt ihr empfehlen? Schreibt´s mir in die Kommentare. Bin gespannt.
Haha. Coole Story. Unser verlief so ähnlich nur eben mit 3 Schulkindern, einem Baby, Eltern und Schwiegereltern. War cool, brauche ich aber nicht jedes Jahr.
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Wo wart ihr?
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Insel Fünen…
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